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When I first saw you
Kapitel 1 – Cassie
Mein Herz spricht von nichts anderem als von dir.
Es ist ein kalter Montagmorgen, sieben Uhr fünfundzwanzig, wie die silberne Armbanduhr an meinem Handgelenk anzeigt. Gleich drei Punkte, die erklären, warum meine Stimmung alles andere als gut ist.
Ich hasse die Kälte. Sobald jemand eine tragbare Heizung oder – noch besser – Klamotten im Stil einer Heizdecke erfindet, bin ich die Erste, die denen wortwörtlich den Laden einrennt und gleich drei identische Teile als Vorrat kauft. Und zu übermäßig frühem Aufstehen sowie Montagen habe ich dieselbe Meinung wie zu Temperaturen unter dreiundzwanzig Grad Celsius.
Trotz allem stehe ich an der Bushaltestelle – hier bitte Applaus einfügen, danke, danke, liebes Publikum – und warte auf den Bus, der sich erneut um zwölf Minuten und siebenunddreißig Sekunden verspätet.
Dreizehn Minuten und acht Sekunden.
Mit einem leisen Seufzen verlagere ich mein Körpergewicht von einem Bein aufs andere und drehe mich erneut nach links, um noch einmal zu bestätigen, dass die Straße absolut leer ist. Nicht einmal das kleinste Anzeichen eines Busses – keine Scheinwerferstrahlen, keine grüne Farbe, die man zwischen den Einfamilienhäusern hindurch sehen könnte, keine Motorengeräusche.
Ich stoße das Mädchen neben mir an, eine kleine, rundliche Brillenträgerin mit langen braunen Haaren. „Der Bus kommt immer sehr pünktlich, nicht wahr?“, grinse ich, sie sieht mich verwirrt an. „Nicht wirklich.“ Spaßbremse. Da kann die schwarze Nerdbrille auch keinen Eindruck von Intelligenz mehr erwecken, wenn ihre Trägerin nicht einmal in der Lage ist, Ironie zu erkennen. „Doch, natürlich“, nicke ich mit übertrieben ernster Miene, „er bringt uns immer gerade rechtzeitig zur Schule, wenn die erste Stunde vorbei ist!“
Das Mädchen schafft es nicht einmal, sich ein müdes Lächeln abzuringen. „Entschuldige, aber erzähl deine Witze doch lieber jemand anderem. Ich mag die Schule; ich verpasse nicht gern Unterricht.“ Ich weiß nicht, wie es möglich ist, jemanden, der gut zwei Köpfe größer ist, von oben herab anzusehen, aber genau das bewerkstelligt sie gerade. Ich wende mich achselzuckend ab. Setze eine Maske auf. Mein „Ist-mir-doch-scheißegal-was-du-redest“-Gesicht. Solange niemandem auffällt, dass es mir nicht egal ist, interessiert es auch keinen.
Um beschäftigt zu wirken, ziehe ich mein iPhone aus der Tasche und scrolle durch meinen Twitter-Newsfeed. So früh am Morgen ist noch nichts Interessantes zu finden – zwei Beiträge von Klatschseiten, in denen mit reißerischen Schlagzeilen die Hochzeit, Verlobung, Trennung oder Affäre irgendeines Promi-Pärchens angekündigt wird, einige Fotos von irgendwelchen Frühstückstellern, die von angebissenen Wurstbrötchen bis zu kunstvoll angerichteten Schüsseln rangieren, und ein Haufen Memes, die allesamt unter dem Motto „Montagmorgen ist schrecklich“ zu stehen scheinen. Aber nichts, was mich wirklich interessiert. Wie immer. Warum müssen die Leute so langweilig sein?
Manchmal – um ehrlich zu sein, oft – wünsche ich mir irgendeine Veränderung. Keine genauen Vorstellungen – nur die Klarheit, dass ich es so, wie es ist, überhaupt nicht abkann. Wünsche mir, dass irgendetwas passiert, etwas, das diese Kleinstadteinöde mal richtig aufrüttelt. Die Wahrscheinlichkeit, dass mein Wunsch in Erfüllung geht, ähnelt jedoch sehr dem Humor der Menschen aus besagter Kleinstadt – praktisch nicht vorhanden. Leider.
Leise seufzend setze ich meine Kopfhörer wieder auf, drücke auf Play und lasse das Handy zurück in meine Jeanstasche gleiten. Der raue Stoff reibt über meine nackten Beine, ich zupfe ein wenig daran herum, bevor ich die Hände in die Taschen meines sonnengelben Hoodies stecke und mich auf die Musik konzentriere. Die Welt ausblende. Aufhöre zu denken. Mich einfach meinem aktuellen Lieblingslied hingebe.
Der Bus kommt exakt in dem Moment, als die Stimme der Sängerin anschwillt und den Refrain einleitet. But I wanna let go of it no-o-ow… So someone tell me why so serious / Why we so serious / When did we get like this? I still remember / We weren’t grown up like this…, singe ich innerlich mit, und staune zum gefühlt einhundertsten Mal, wie gut der Song zu allem passt.
Zu mir. Und dem, was ich fühle.
Ich werfe meinen hellgrünen, mit Nieten, Buttons und bunten Kringeln übersäten Rucksack auf einen Sitz und lasse mich danebenfallen. Das Lied neigt sich langsam dem Ende zu, und ich will gerade zurückspulen, als ich aus dem Augenwinkel irgendetwas wahrnehme, das mich mitten in der Bewegung stocken lässt.
Ich fahre herum, ziehe gleichzeitig am Kabel eines Kopfhörers, sodass er lose über meinem Ohr hängt, und sehe ein Mädchen direkt neben meinem Sitz stehen. Etwas zu nah, als ob sie etwas von mir will. Ich lasse meinen Blick über sie wandern, bevor ich etwas sage, versuche, sie oberflächlich zu erfassen. Offensichtlich frischer Sidecut, darin eine freche knallrote Strähne, die sich von dem eher durchschnittlichen Braun der übrigen Haare abhebt. Ein schwarzer, stark abgewetzter Ranzen, der lässig über einer ihrer Schultern hängt. Ebenfalls tiefschwarze Lederjacke. Beinahe schon übertrieben aufsässig - eine, die unter einem handschriftlichen Schild im Bus, auf dem steht „KAUGUMMIS VERBOTEN“, lässig Kaugummi kaut.
Aber das ist noch lange nichts, was mich beeindruckt. Vielmehr das genaue Gegenteil. Ich hasse diese Pseudocoolen – Leute, die sich anziehen, als wären sie Schauspieler im klischeehaftesten aller schlechten stereotypischen Filme, die alle kleinen Regeln brechen, um rebellisch zu wirken, sich die Haarschnitte machen lassen, die in ihren Modezeitschriften als „edgy und in“ angepriesen werden, und sich dann Rebellen oder Hipster oder sonst was nennen. Obwohl sie dann doch vor jedem, der sie anspricht, buckeln und daheim brav ihre Hausaufgaben machen. Nur um das klarzustellen – ich habe nichts gegen Streber und angepasste Leute. Ich bin nicht so, aber – jedem, wie er meint. Die, mit denen ich ein Problem habe, sind die, die versuchen, sich als etwas darzustellen, das sie nicht sind.
Und, ihrem Aufzug nach zu urteilen, würde ich sofort denken, dass das Mädchen vor mir genauso ist. Aber irgendwas ist da, in ihren grünen Augen, als ob sich ihr Blick in mich hineinbrennt. Brennen, denke ich, das ist genau das richtige Wort. Als hätte sie ein Feuer in ihren Augen, das groß und heiß auflodert. Es hat etwas unglaublich Echtes an sich. Und es fasziniert mich.
„H-hey“, schaffe ich es endlich, halbwegs cool hervorzubringen. Was plötzlich los mit mir ist, weiß ich selbst nicht genau. Ich stottere sonst nie. Nie. „Ist was?“ Na, geht doch. Sie zuckt mit den Achseln, zeigt auf meinen Platz. „Rück mal deine Tasche zur Seite. Ist da noch frei?“
Normalerweise hasse ich es, wenn sich Leute neben mich setzen – schweißtriefende, stinkende Sportler, erkältete Unterstufenschüler, die alles mit ihren Taschentüchern zumüllen, oder aufgetakelte Tussen, die ununterbrochen mit der Verbreitung unendlicher Mengen Klatsch und halbgarer Gerüchte beschäftigt sind. Aber irgendetwas treibt mich dazu, jetzt den Rucksack auf den Boden zu stellen und auf den Fensterplatz zu rutschen. Vielleicht ist es ihr Blick. Dieses Brennen, wegen dem ich noch nicht will, dass sie weitergeht. Dass sie sich neben irgendjemand anderen setzt oder ein Stück den Gang hinunter stehen bleibt, und dann einfach aussteigt, sobald der Bus anhält, ohne dass wir noch einmal miteinander gesprochen haben. Dass unsere Begegnung nur genau das bleibt – eine zufällige, unwichtige Begegnung, etwas, das man nach spätestens einer halben Stunde vergessen hat.
Sie umklammert die grün lackierte Haltestange neben uns und zieht sich auf den Sitz. Die Haut an meinem Handrücken kribbelt, als sie wie zufällig darüberstreift. Ihre Finger sind zart und kühl. Die Berührung dauert nicht lange, im Bruchteil einer Sekunde ist es wieder vorbei, aber mir erscheint es viel länger. Als enthielte dieser Augenblick die gesamte Unendlichkeit der Welt. Er dehnt sich immer weiter aus, wie ein Gummiband, das uns verbindet. Für einen Moment verloren und gefunden in der Zeit.
Und dann platzt das Gummiband, und sie schaut an mir vorbei aus dem Fenster, die Hände in den Taschen verborgen, und alles ist wieder normal, bis auf mein heftig klopfendes Herz und die Frage, was da gerade passiert ist. Mit uns, mit mir, meiner gesamten Welt, die von einer Sekunde auf die andere durch und durch aufgerüttelt wurde.
„Coole Jacke“, sage ich, betont lässig, bin froh, dass das Zittern in meiner Stimme nicht zu hören ist. Sie dreht sich um, wirkt überrascht. „Danke. Deine Tasche ist auch mega. Selbst bemalt?“ Ich nicke, lächle. „Danke. Ich bin Cassie.“ Sie schüttelt mir die Hand. Obwohl die Geste für jemanden in unserem Alter alles andere als üblich ist, wirkt sie nicht fehl am Platz; mehr noch, sie scheint perfekt zu passen. „Katrin“, sagt sie, ein Lächeln auf ihren Lippen. „Aber nenn mich Kat.“
Kat.
Katkatkatkatkatkatkatkatkatkatkatkatkat…
Ich wiederhole den Namen in Gedanken immer wieder, wie um mich an den Klang zu gewöhnen. Er passt zu ihr. Kat, wie eine Katze, eine Wildkatze, eine Löwin, die sich anmutig durch die Steppe bewegt. Mit flammenden Augen.
„Wie alt bist du?“, unterbricht sie meine Gedankenschleife. „Fünfzehn“, bringe ich heraus. Sie lächelt wieder. Richtige Antwort, scheint dieses Lächeln zu sagen. „Ich auch. In fünf Tagen sechzehn.“ „Wow!“, ist alles, was ich hervorbringe, nicht gerade einfallsreich, aber es scheint zu genügen. Sie lächelt mir zu, der linken Mundwinkel etwas höher als der andere, aber es wirkt einfach wie ihre Eigenart, nicht wie dieses ach-so-attraktive Lächeln von den Leuten, die solche Gesichtsausdrücke vor dem Spiegel üben.
Den Rest der Fahrt sitzen wir schweigend nebeneinander. Es ist ein erfülltes Schweigen, angereichert mit Gedanken und lautloser Verständigung, das anhält, bis der Bus die vorletzte Haltestelle erreicht und ich spüre, wie Kat unruhig wird. „Ich muss hier raus… Danke, dass du mich hast neben dir sitzen lassen.“ Sie steht auf, dreht sich um und grinst mir zu. „Vielleicht sehen wir uns ja morgen wieder hier… Cassie.“ Ich erwidere das Lächeln, froh, dass sie sich tatsächlich meinen Namen gemerkt hat. Sie dreht sich um, die Türen schieben sich zischend auseinander und machen den Weg nach draußen frei. Kat springt aus dem Bus, ich höre das leise Geräusch, als ihre Schuhe – dunkelblaue, ausgetretene Doc Martens – auf dem Pflaster auftreffen. Ich bleibe sitzen. Die Türen des Busses schließen sich wieder, ich verliere sie aus den Augen, als sie in Richtung der Ampel läuft, wir fahren wieder los.
Und einfach so ist es vorbei.
Als wäre sie nie hier gewesen.
Als wäre all das ohne Bedeutung.
Und vielleicht ist es das auch – aber nicht für mich.
Für mich hatte diese Begegnung Bedeutung. Ich weiß noch nicht, wie und warum, aber es ist so.
Normalerweise bin ich wirklich keine von denen, die sich zu allem und jedem unendlich tiefe Gedanken machen. Die gesamte Unendlichkeit der Welt in einem Augenblick, lodernde Augen. Einen Menschen mit einer Löwin zu vergleichen, die durch die Steppe streift. All das passt sonst überhaupt nicht zu mir. Ein Augenblick ist ein Augenblick, fertig. Feuer in den Augen ist entweder ein total abgedroschener Vergleich oder eine schmerzhafte Verbrennung, die einen mit hoher Wahrscheinlichkeit blind zurücklässt. Das ist alles. Und ein Mädchen hat, abgesehen davon, dass sie beide Lebewesen sind, nichts mit einer Großkatze aus der Savanne gemeinsam.
Wie gesagt, ich mache mir nie zu allem und jedem tiefschürfende Gedanken, es ist nicht meine Art. Das Einzige, was ich zu allem und jedem mache, sind Witze. Oberflächliche Sprüche, um die Leute zum Lachen zu bringen.
Aber Kat ist auch nicht alles. Oder jeder.
Kat ist Kat. Sie ist… ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll. Sie fühlt sich besonders an.
Sie schleicht immer noch durch meine Gedanken, als ich wenige Minuten später aus dem Bus steige. Ununterbrochen. Als meine Sneaker auf dem von plattgetretenen Kaugummis übersäten Boden auftreffen, als ich loslaufe, als ich über den kleinen Parkplatz vor der Schule renne. Ich sehe ihr Gesicht vor mir.
Da hast du deine Veränderung, Cassie. Etwas, das nicht die Stadt aufrüttelt, sondern dich. Dir war nur nicht bewusst, wie verwirrend und anders es sein würde.
Ich versuche, die ungewohnten Gedanken fortzuscheuchen, als ich durch die gläsernen Schultüren schlüpfe und meine Schritte sich etwas verlangsamen. Und fast schaffe ich es.
Aber eben nur fast.
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